Vom Laufsteg in Ihr Interieur
Man sagt gern: Kleider machen Leute. Und auch: Zeige mir, wie du wohnst, und ich sage dir, wer du bist. Ob Mode oder Möbel – alle Dinge, mit denen wir uns umgeben, sind ein Statement unserer Persönlichkeit und ein Ausdruck unserer Individualität.
Redaktion: Silke Bender | Styles: mytheresa
Die Art, wie wir wohnen, ist mittlerweile ebenso emotional aufgeladen und bedeutsam wie unser Stil, uns zu kleiden. Auf Instagram, der digitalen Visitenkarte unserer Zeit, wird über das Interieur fast so oft wie über Modethemen gepostet. Das Wohnen ist der erweiterte Showroom des Ichs. Wer sich anspruchsvoll kleidet, legt auch genauso viel Wert auf sein Interieur.
Viele Trends werden in der Mode geboren und spiegeln sich auch in unseren Wohnungen wider. Und umgekehrt. Ob im Design, beim Stil, den Farben und vor allem den angesagten Materialien – Mode und Möbel inspirieren sich gegenseitig. Wir haben uns auf den Laufstegen von Paris, Mailand, New York und der Pitti Uomo in Florenz umgeschaut und viel Gesprächsstoff mitgebracht.
Cord
1 GAIA Armlehnenstuhl von KFF
2 Cord-Samt Stoffkollektion LISBOA von KFF
3 Damen-Schlaghose von SAINT LAURENT | © mytheresa
4 Männer-Cordjacke von Tom Ford | © mytheresa
Lange war er in die modische Mottenkiste verbannt, jetzt streift Cord sein Opa-Image ab. In diesem ursprünglich aus Manchester stammenden Baumwollstoff gingen einst die englischen Adligen zur Jagd, ab dem 19. Jahrhundert wurde er wegen seiner hohen Verschleißfestigkeit auch als Zunft- und Arbeitskleidung geschätzt. Die Manchesterhose wurde zum Erkennungszeichen der Arbeiterklasse – weshalb sie die sogenannte Kaviar-Linke, die gut situierte, aber links denkende Intellektuellenszene von Paris über Frankfurt bis New York in den späten 1960er und 1970er Jahren zu ihrem Proteststoff machte. Auf den Bistrostühlen im Pariser Café de Flore nahmen die Existenzialisten rund um Jean-Paul Sartre gern in Cordanzügen Platz. Die Cord-Mode setzte auch im Interieur Trends: Sofas, Sessel oder Stühle aus Cord waren in den 1970er Jahren in unseren Wohnungen Dauergäste, bis die Yuppies in den 80ern glattes Leder zum neuen Fetischmaterial machten.
Ob in der Mode oder im Interieur: Nun ist Cord zurück und zeigt sich von seiner buntesten Seite. Kaum ein Designer, der zurzeit keinen Cord in der Kollektion hat. In kräftigem Rot, wie bei der hochtaillierten Damen-Schlaghose von Saint Laurent oder in klassischem Braun als Männer-Cordjacke bei Tom Ford.
Bouclé
Kein Modehaus steht so sehr für dieses raffinierte Material wie Chanel. Seit 1954 ist Bouclé aus keiner Kollektion des Hauses mehr wegzudenken. Damals schrieb die bereits 71-jährige Coco Chanel noch einmal Modegeschichte, als sie die »Petite Veste Noire« erfand: Ein kurzes, schwarzes, kragenloses Bouclé-Jäckchen mit aufgesetzten Doppeltaschen und Paspeln, in der die moderne Frau in jeder Lebenslage elegant, mühelos und bequem angezogen sein sollte. Der berühmtesten Luxus-Jacke der Welt stand übrigens Dienstpersonal Pate: Auf einer Reise nach Salzburg, so erzählte Karl Lagerfeld, sei Mademoiselle ganz hingerissen gewesen von den Uniformen der Pagen im Hotel Sacher, das damals noch Österreichischer Hof hieß. Der Schnitt ihrer Jacken inspirierte sie zur »Petite Veste Noire«, das Material Bouclé wählte sie aus ästhetischen wie praktischen Gründen.
1 LUNAR Stuhl von KFF
2 Bouclé Stoffkollektion ASCOT von KFF
3 Männerblazer von Bottega Veneta | © mytheresa
4 Oversize-Hemdjacke von ACNE STUDIOS | © mytheresa
Das Wort Bouclé bedeutet auf Französisch Knoten oder Schlaufe. Es wird aus unregelmäßig verarbeiteten Garnen gewebt, was den Eindruck erweckt, dass es aus ineinander verschlungenen Schlingen besteht und oft Verdickungen enthält, die wie Knoten aussehen. Das Ergebnis ist eine lebendig strukturierte Oberfläche. Bouclé ist zudem schmiegsam, kuschelig, warm und knittert nicht.
Dank seiner hervorragenden Trageeigenschaften haben ihn heute natürlich auch viele andere Designer im Programm: Bottega Veneta zum Beispiel mit einem eleganten, braun-schwarz-melierten Männerblazer oder Acne Studios mit einer lässigen Oversize-Hemdjacke für Damen in Ziegelfarbe.
Samt
Kaum ein Stoff steht so für Glanz und Glamour wie Samt. Der edle und aufwändig gewebte Stoff war lange nur den Königshäusern und kirchlichen Würdenträgern vorbehalten, die diesen nicht nur in ihren Repräsentationsgewändern, sondern auch üppig in ihrem Interieur verwandten: Als Vorhänge oder Polsterbezüge. Gewebt wurde er ab dem 15. Jahrhundert vor allem in Italien. Samt galt als Inbegriff des Luxus. Während früher Seide verarbeitet wurde, werden heute auch robustere Baumwolle, Viskose oder synthetische Fasern für Samtgewebe verwendet.
Die reizvollen Glanzeffekte haben Samt in der Moderne in der festlichen Abendkleidung populär gemacht. Bis in die 90er Jahre hinein war Samt der Glamour-Stoff schlechthin: Unvergessen der rote Samtanzug von Gucci, den Gwyneth Paltrow 1996 bei den MTV Awards trug und der jetzt von Alessandro Michele für die Jubiläumskollektion zum 100. Geburtstag von Gucci neu aufgelegt wurde.
1 GAIA Hochlehnersessel von KFF
2 Samt Stoffkollektion SEVEN von KFF
3 Abendtunika von Prada | © mytheresa
In den 2000er Jahren landete der Stoff samt und sonders in der Mottenkiste - und zwar sowohl in der Mode als auch im Interieur. Jetzt ist der gediegene Stoff überall zurück – und mit ihm seine ästhetischen Qualitäten: Je nach Samtart weist das Tuch eine changierende Oberfläche auf. Durch seinen besonderen Flor hat er eine Strichrichtung, wodurch er mal mehr, mal weniger glänzt, aber immer für elegante Effekte sorgt. Prada hat ihn gerade wieder entdeckt, mit einer flaschengrünen Abendtunika.
Leder
Gegerbte Tierhäute gehören zu den ältesten Nutzmaterialien der Welt. Schon in der Steinzeit fertigten die Menschen aus Häuten von erlegten Tieren Kleidung, Decken oder Schuhe. In Mode kam es aber zuerst im Interieur: Das Bauhaus schätzte das atmungsaktive, wasserabweisende, langlebige und widerstandsfähige Material und schuf mit Chrom und schwarzem Leder die Möbelklassiker, die uns noch heute begleiten: Man denke an den Wassily- oder den Barcelona-Chair.
1 D-LIGHT Bank von KFF
2 Lederkollektion MILANO von KFF
3 Lederkollektion RAWHIDE von KFF
4 Cargo-Hose von Rick Owens | © mytheresa
5 Leder-Hemdjacke von Dries van Noten | © mytheresa
Als Kleidungsmaterial begleitet Leder uns erst ab dem Zweiten Weltkrieg: Die Biker-Lederjacke, wie sie James Dean oder Marlon Brando trugen, wurde zu einem Statement der Freiheit und der Männlichkeit, Lederhosen zum Symbol für Sex, Drugs & Rock’n Roll. Von den Laufstegen der Modemetropolen ist Leder heute nicht mehr wegzudenken. Besonders Hermès hat es zu seinem Fetischmaterial Nummer Eins erkoren. Seine Anfänge führen übrigens ins deutsche Krefeld – hier wurde Thierry Hermès geboren, lernte das Sattlerhandwerk, bevor er 1837 in Paris das heute wohl renommierteste Lederhaus der Welt gründete. In fast allen Designer-Kollektionen findet sich Leder in diversen Spielarten: Dank moderner, vielfältiger Gerbverfahren kann es heute von seidenzart und glatt über strukturiert und genarbt bis ganz fest und extrem widerstandständig variieren.
In der »Bauhaus«-Kollektion von Rick Owens ist Leder das dominante Material, wie zum Beispiel in der extrem weich fallenden Cargo-Hose aus olivgrünem Nappaleder. Dries van Noten zeigt Lederjacken im 70er-Jahre-Retrostil: Als robuste Hemdjacke in einem rötlichen Merlot-Braun.
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